Wie schreibt man ein Exposé für eine philosophische Arbeit?

Schreiben ist schwer. Schreiben über das, was man zu schreiben beabsichtigt, ist meist noch schwerer, weil man nicht weiß, was man herausfinden wird. Dennoch ist gerade bei der Absprache einer Arbeit das Exposé eines der wichtigesten Bestandteile. Denn hierüber kann man am besten absehen, wo Schwierigkeiten entstehen, ob die Planung realistisch ist und eine interessante Arbeit verspricht. Idealerweise werden Lehrende gerade hier eingreifen, wenn sich Probleme abzeichnen, und Korrekturen am Gesamtprojekt vorschlagen. Deshalb sollte man für das Exposé und dessen Überarbeitungen (Plural!) einen Großteil der verfügbaren Zeit und Mühe einplanen. Ja, natürlich wird sich vieles erst beim Schreiben der Arbeit ergeben, aber ob die Arbeit überhaupt Hand und Fuß haben wird, zeigt sich bereits beim Exposé. Woraus also sollte es bestehen?

Ein gutes Exposé ist nichts anderes als eine vorläufige Einleitung, die im Groben aus der Formulierung eines Problems und eines Lösungsvorschlags besteht. Bevor wir uns die einzelnen Teile bzw. Unterteile ansehen, noch ein paar strategische Bemerkungen.

Grundsätzliches. – Die Arbeit an einer Arbeit und auch am Exposé zu einer Arbeit besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Phasen: der Exploration, in der Sie ein Thema erkunden, und der Darstellung, in der Sie Ihre Gedanken zum Thema einer Leserschaft präsentieren. Die oft zufällig-assoziative Ordnung der Exploration ist von der didaktisch geleiteten Darstellung grundverschieden. Im Exposé und in der Arbeit geht es um die Darstellung, nicht um die Erschließung des Themas. Als Leserschaft stellen Sie sich am besten interessierte Erstsemester vor. Gehen Sie nicht davon aus, dass sich Ihre Leser:innen auskennen. Bedenken Sie bitte auch, dass Sie nicht all das, was Sie in der Exploration interessiert oder hilft, für die Darstellung benötigen. Deshalb ist es für die Fragestellung oder These, die Ihre Darstellung leitet, wichtig, dass Sie möglichst klar und eng eingegrenzt ist. Überhaupt ist die Fragestellung oder These, die Sie in Ihrer Arbeit entwickeln, das allerwichtigste. Laut einer trefflichen Beobachtung meiner Kollegin Charlotte Baumann legen viele Studierende Ihre Arbeiten wie Übersichtsartikel bei Wikipedia an. Das ist keine gute Idee. Fokussieren Sie sich stattdessen auf eine (und nicht mehr als eine!) These, für die Sie in Ihrer Arbeit argumentieren. Wie finden Sie aber eine These? Das ist nicht so leicht. Am besten entscheiden Sie sich im Laufe Ihrer Exploration einfach für eine bestimmte These, die Ihnen plausibel erscheint, und versuchen, diese mit eigenen Argumenten und Belegen zu untermauern. Was soll so eine These dabei eigentlich leisten? Nun, sie ist der L.ösungsvorschlag für ein Problem. Zunächst also müssen Sie ein Problem aufdecken? Wie machen Sie das? Nun, Sie nehmen sich eine konkrete Passage aus einem Primärtext oder aus einem Sekundärtext vor und schauen nach einer Reibung oder Schwierigkeit, die der Erklärung bedarf. Solche Reibungen können Sie selbst erzeugen, indem Sie sich über die Konsequenzen des Gesagten Gedanken machen. Mit der Reibung und der These haben Sie das besagte Problem und einen Lösungsvorschlag. Und damit kann es losgehen.

Ihr Exposé besteht neben dem Titel oder Arbeitstitel idealerweise aus folgenden Teilen. Das sind:

(a) das allgemeine Thema bzw. die problematische Textpassage;

(b) ein Problem, das in den wissenschaftlichen Debatten des Themas oder der Passage auftritt (oft im Einklang mit der Diskussion in der Literatur);

(c) die Motivation des Problems bzw. eine Erklärung, warum das Problem relevant ist oder welche ungelösten Schwierigkeiten es offenlässt;

(d) eine These zur Herangehensweise an das Problem;

(e) die Forschungsfrage, d. h. die Frage nach einem entscheidenden Aspekt, der untersucht werden muss, damit sich die These als wahr oder als plausibel erweist;

(f) der methodische Ansatz, der die Art der zur Beantwortung dieser Frage erforderlichen Belege oder Argumente rechtfertigt;

(g) die Gliederungsschritte (und Einschränkungen), die zur Begründung der Argumentation berücksichtigt werden müssen.

Wie Sie sehen, kann man eine Menge unterschiedliche Dinge bereits im Exposé ansprechen. Dabei geht es nicht darum, schon alle Punkte genau untersucht zu haben. Vielmehr müssen Sie sich einfach trauen, diese Punkte mal ins Blaue zu formulieren und dann ­– im Austausch mit anderen (z.B. der Lehrenden) – nachzujustieren, bis sich ein gangbarer Weg abzeichnet. In jedem Fall werden Sie so endlich aus der bloßen Explorationsphase rauskommen und zur Darstellung übergehen können. Wenn das Exposé abgestimmt ist, kann es dann mit der eigentlichen Arbeit weitergehen, für die ich den Hagener Leitfaden empfehlen möchte.

Reading as a Social Practice. Sketching a long-term project (from March 2025 onwards)

Currently, Irmtraud Hnilica and I are sketching guiding ideas for a project that has been in the making for some time. Below is a small blurb. Please feel free to get in touch, if you’re interested in collaborating:

According to an ever-growing consensus, there is a reading crisis today. It ranges from illiteracy and a lack of text comprehension to a reduced willingness of pupils and students to engage with complex texts. This development has been recognised as an area of ​​action. The German Federal Ministry of Education and Research (BMBF), for instance, has initiated measures to promote reading with significant funding for empirical educational research. By contrast, our project Reading as a Social Practice is meant as a reflexive evaluation of the reading crisis.

For starters, it is questionable what exactly this crisis consists of. Many academic disciplines are working on this question and related issues, but the expertise remains largely fragmented. Setting out from the disciplinary perspectives of philosophy and literary studies, our project aims at bringing together the fragmented expertise across disciplines and examining what reading actually is. The reading crisis, as well as the observation that a countervailing reading hype can be observed at the same time (associated, for example, with the social media phenomenon #booktok), is placed in a historical and systematic context. Considering, for instance, forms of reading aloud and quietly, various biblical interpretations, the novella tradition (where reading is presented as a social phenomenon), the salon culture and book clubs, reading is mostly a social practice. A communal bond weaves readers and books into larger contexts. Our project explores this by looking at three main areas:

1. Reading Theories and Text Types. – The project builds on theories of hermeneutics and tries to advance these further. Reading, we submit, is essentially determined by interactions between readers, which can decentre different text types, on which it nevertheless remains dependent.

2. Reading Cultures and Canon Formation. – The history of reading is examined as a history of social practices. In doing so, mechanisms of inclusion and exclusion come into focus. The social practice of reading, through its associated potential for distinction, usually swings in both directions.

3. Reading Scenes and Interventions. – Using specific reading scenes, we will examine, for instance, autosociobiographical texts from authors with a background of social climbing to explore the conditions for success and failure of reading practices as well as possible interventions. What role, for instance, does the opportunity for identifying reading play in reading socialization?

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